Dänische Südsee

Wir kommen aus der Flensburger Förde und ordnen uns ein ins Gedrängel vor der Brücke in Sonderburg in Richtung Alsen.

Vor der Brücke in Sonderborg

Aber der Reihe nach:

WindiGO vom Steg auf den Trailer nach Hause holen, dazu benötigen wir knapp 4 Stunden. Einen weiteren Tag Bootspflege, einkaufen, aufrüsten und packen. Wir starten am Donnerstag und erreichen Fahrensodde gegen 14 Uhr,

Auf der engen, steilen Zufahrt zur Seglergemein-schaft Flens-burg toben sich gleichzeitig der Straßenbau, die städtische Grün-pflege sowie die Müllabfuhr aus. Dazwischen müssen wir uns mit WindiGO durchschlängeln. Ob wir am Ende unser Gespann noch wenden können? Die Straße ist nämlich eine Sackgasse!

Fahrensodde ist ein schöner, geschützter Hafen. Der rührige Hafenmeister Niko ist die Gelassenheit in Person. Jeder Handgriff sitzt, keiner zu viel, alles durchdacht. „Moin“ – nur einmal ! – und wir werden herzlich aufgenommen.

Unser Nachbar segelt Kontiki, einen Eigenbau seines Vater auf dem Rumpf eines Fischerbootes von den Lofoten. Er verrät uns Wesentliches über die Liegeplatzlage in der Ostsee. Es stehen viele attraktive Yachten zum Verkauf – es gibt nur keine Liegeplätze.

Freitag besuchen wir Flensburg. Eine schöne Stadt mit leicht morbidem Charme. Obwohl niemals der Hanse angehörig, schöne alte Kapitänsvillen. Sie haben ihre letzte Restaurierung wohl in den 1970-80er erfahren. Man erkennt ihre Schönheit noch, auch wenn die Farben verblassen und viele Wohnungen leer stehen. Bombastisch die Backsteinarchitektur des Gerichtsgebäudes. Reingelassen werde ich nur mit dem Rechtsanwaltsausweis – die Gerichtsöffentlichkeit ist Corona zum Opfer gefallen – und den Sicherheitsbedarfen der Justizangestellten. Deutschland verändert sich!

Flensburg hat eine endlos lange, sehr belebte Fußgängerzone. Es mischen sich plattdeutsche, danske und englische Sprachklänge. Besonders attraktiv die Rote Straße. Wir lassen uns beim Rum-Spezialisten Braasch beraten und kaufen edle Sorten, mit Port und Sherry geblendet. Sonst wirken die Geschäfte etwas altbacken, es gibt noch Blume 2000 und Gravis, dafür weicht das Warenangebot vom Einheitsbrei anderer Städte deutlich ab. Sehenswert die Innenhöfe der Kaufmannshäuser, geradezu mediteraner Charakter und gute Gerüche allenthalben.  

Kindersprüche

Ulrike kommt aus Hugendubel mit einem Buch in der Hand: „Das Faultier bewegt sich wie Opa“: Die besten Kindersprüche, immer witzig, manchmal weise – und leider oft wahr. „Bist Du schon eine Oma oder bist Du noch erwachsen?“

Die Menschen, denen wir begegnen sind freundlich, aufgeschlossen, tiefenentspannt und in jeder Beziehung herzlich. Beim Schiffsausrüster kaufen wir einen Danebrog und einen Splitter für die Stegstromanlage. Mit der Chefin kommen wir ins Gespräch über Gott und die Welt und Ulrike lässt sich für ein paar weiche Bordschuhe aus feinem Leder zum halben Preis begeistern. Bordschuhe als Auslaufmodell – nein, das ist keine Satire.

Zurück an Bord, wir nehmen den Honda nach 2 Jahren erstmalig wieder in Betrieb. Es geht nix! Benzinhahn, wo war der noch? Ach ja, der Start-schalter ist falsch gepolt: 0 = an und 1= aus. Die Erinnerung hilft aber nicht. Ulrike baut die Zündkerzen aus und poliert die Kontakte mit der Nagelfeile. Honda hustet, verschluckt sich zweimal und dann beginnt ein 10 PS starker run.

Damit starten wir dann am Samstag Richtung Sonderborg. Zunächst 3 bft direkt gegenan, hinter den Okseöern können wir Segel setzen und kreuzen. Mühsam aber wir kommen voran – in einem großen Pulk anderer, meist sehr viel größerer Yachten.

Aufkreuzen in der Flensburger Förde zwischen Langballigholz und Kragesand

Am Sonntag hat der Wind nochmal zugenommen, es bilden sich leichte Schaumkronen auf dem Wasser. Wir beschließen „Stegurlaub“ und packen dazu die Fahrräder aus. Sönderburg hat sich seit unseren früheren Besuchen in den 1980er Jahren sehr verändert. Der Stadt-hafen ist jetzt Flaniermeile, den dänischen Brauch, jeden Abend mit dem Auto eine Runde zum Hafen zu fahren, scheint es nicht mehr zu geben. Ein Bad in der Ostsee und danach wird der Wok in Betrieb genommen.

Mjels Vig

Danach gehts weiter zur Halbinsel Alsen. Malerisch gelegen der Hafen von Dyvig und dann noch tiefer in den Naturhafen Mjels Vig, gegen alle Wetter geschützt. Natur pur. Das klare, saubere Wasser lädt zum Baden ein. Beim nächsten mal werden wir hier auch ankern.

Von Mjels Vig nach Aarö. Der Hafen ist nicht weiter berichtenswert. Der Fußmarsch vom Hafen ins Dorf zieht sich. Die Fischräucherei ist etwas grummelig – aber der geräucherte Fisch schmeckt ausgezeichnet.

In einem Höllenritt nach Middelfart: Mit achterlichem Wind um 4-5 bft macht WindiGO 6,2 kn und dazu schiebt der Strom mit teilweise 1,5 kn

Middelfart hat eine großzügige Marina im Süden der Stadt, eine tolle, gepflegte Anlage und ein exzellentes Bistro – in indischer Hand. Hier kann man es aushalten, denn wir müssen mindestens einen Tag abwettern. Und dann seh´n wir mal. Die Altstadt ist sehenswert, typisch bunte dänische Häuser in geschlossener Bauweise jeweils mit Stockrosen verziert.

Von Middelfahrt nach Assens und weiter zur Insel Lyö. Ein Wieder-sehen nach 42 Jahren. Wer mag Saltkrokan aus den Geschichten von Astrid Lindgren? Der sollte Lyö besuchen. Da könnte Michel aus Lönneberga auch gelebt haben. Wir haben nicht nur die Hütte gefunden, wo er geschnitzt haben könnte, sondern auch Vindtelefonen. Der Kontakt zu den verstorbenen Ahnen. Wir haben eifrig telefoniert.

Heute haben wir in Faaborg angelegt. Hier tobt das Leben. Eine malerische Altstadt mit vielen Kneipen und ein tolles Mittagessen im Hvid Pakhus. Wir liegen direkt an der Havnegaade, alle Sailors flanieren hier entlang auf dem Weg zu einem Restaurant – oder auch nur zur Fiskerögeri. Wir haben Samen für Stockrosen gekauft, die schmücken viele dänische Vorgärten, demnächst auch unseren.

Glasbläser Garten

Höruphav. Beim Aufstoppen bricht die Halterung vom Außenborder. Das Holz ist durch Feuchtigkeit verrottet und zerbricht unter der Last. Unser Lieblingstischler hatte ihr gerade noch eine Lebensdauer von etwa 120 Jahren bescheinigt. Ulrike findet einen Holzfachmann, der sie passgenau ersetzt. Danach verwandelt er sich in einen Elektrofachmann und repariert die Elektrik bei unserem Nachbarboot, die eine ganze Nacht ohne Elektrik auskommen mussten.

Ein Kieler Ehepaar, mit dem wir uns abends nett unterhalten hatten über Kiel, die Ostsee und das Segeln auf klassischen Holzbooten.

Höruphav ist eine liebenswerte Marina mit Badeanstalt und Grillplätzen. Wir besuchen den einzigen Glasbläser in Dänemark. Rainer und er fachsimpeln über Glastypen, – farben und Schmelztemperaturen. Ulrike kauft ein.

Wir ankern im Nybol Nor. Das Nor ist vielleicht halb so groß wie das Steinhuder Meer. Bei angekündigtem Wind SE-S 3-4 ankern wir im Südwesten des Nors hinter einer Baumgruppe auf 1,6m Wassertiefe mit 3m Kette und 17m Ankerleine zwischen zwei Gruppen von Fischerfähnchen. Natürlich habe ich nach dem Anker getaucht. Er liegt tief eingegraben im tonigen Untergrund, also sicherer Halt. Trotzdem geht um 0036 Uhr der Ankeralarm los. Der Wind hat gedreht und das Boot schwojt. Alles im grünen Bereich.

Nybol Nor
Letzte Peilung vorm Dunkelwerden

Von Höruphav nach Fiskenäs, ein unscheinbarer Ort hinter Brücke von Egernsund. Auf der Route in der Sonderborg Bucht suchen wir lange nach einer zentralen Tonne, vergeblich. Nochmal in die elektronische Seekarte geklickt: „Buoy not present“. Aha. Navigation ist, wenn man trotzdem ankommt.

Von Fiskenäs aus entdecken wir mit den Klapprädern das Sommerschloss der dänischen Königsfamilie in Grasten.

Schloß Grasten

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